Dienstag, 6. Februar 2007

Das große eucharistische Blutwunder von Rodalben 1952

ZWEI ERSCHÜTTERNDE AUGENZEUGENBERICHTE

1. AUGENZEUGENBERICHT

Mitte Juni berichtete mir eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, daß ein Fräulein Anneliese W. (Wafzig — Anm. d. Red.) in R. (Rodalben — Anm. d. Red.) nach einer wunderbaren Heilung von einem lebensgefährlichen Verkehrsunfall seit Oktober 1951 angeblich „Gottesmutter-Erscheinungen" habe.

Rodalben 1952Anneliese W., heute 26 Jahre alt (dieser Bericht wurde also im Jahre 1952 verfaßt — Anm. d. Red.), war fast 10 Jahre Angestellte einer Bank. Sie ist also keine Schwärmerin, sondern ein Mensch, der sehr nüchtern und sachlich im Leben steht. Gegen die Visionen — einer in ihren Augen „unverdienten Gnade" wehrte sich Anneliese. Als gute Katholikin (im dritten Reich war sie in der schwersten Zeit Führerin der katholischen Jugend) hatte sie eine negative Einstellung zu allen „Privatoffenbarungen und -erscheinungen".
Aber bei ihren Visionen wurde ihr klar gemacht, daß sie auf Erden eine gewisse Mission zu erfüllen habe. Trotzdem war Anneliese sehr zurückhaltend und aus einer gewissen Skepsis heraus hütete sie ihr Wissen um diese Erscheinung und nur der engste Kreis um die Familie hat daran teilgenommen. Selbstverständlich erfuhr davon auch die örtliche Geistlichkeit, die der Anneliese W. bei Androhung von Kirchenstrafen die „Schauungen" untersagt hat. Da man sich aber weiter im Hause der Anneliese W. zu Gebetsstunden versammelte, wurden im Dezember 1951 deswegen die ersten 22 Gläubigen exkommuniziert. Inzwischen wurde über erheblich mehr Katholiken diese Kirchenstrafe verhängt.
Bei den Visionen wurden Anneliese W. bestimmte Aufgaben gestellt. So wurde sie z.B. an eine gewisse Erscheinungsstätte im nahen Walde gerufen, damit auch andere Ortsbewohner zur Gnadenstelle kommen können. Da der Ortspfarrer die Visionen ignorierte und Anneliese W. als hysterisch bezeichnete, ohne sich auch nur ein einziges Mal persönlich davon zu überzeugen, obwohl er wiederholt darum gebeten wurde, kam es öfters zu schweren Tätlichkeiten gegen das Mädchen, weil die örtliche Geistlichkeit die Ortsbewohner zum Einschreiten gegen Anneliese aufgefordert hat. Einmal wurde dabei Anneliese W. blutüberströmt bewußtlos aufgefunden. Dieser Vorfall ist heute noch Gegenstand einer kriminellen Untersuchung.
Im Juni 1952 erklärte die Gottesmutter bei einer Vision, daß sie am 1. und 2. Juli 1952 zum letzten Male der Anneliese W. erscheinen werde. An diesem Tage werde sie sichtbar für alle anwesenden Menschen ein Zeichen geben. Anneliese W. hatte den Auftrag, die Erscheinung im Walde zu empfangen, damit recht viele Menschen Zeugen des Wunders sind. Gleichzeitig sprach die Gottesmutter von einer baldigen Anerkennung dieses Zeichens durch die Kirche und wünschte, daß an diesem Tag nicht nur die Priester anwesend sind, daß auch die breite Öffentlichkeit auf diese Stunde aufmerksam gemacht werde.
Im Juni 1952 schrieb Anneliese W. an die für sie zuständige Kirchenbehörde und bat den Hochw. Herrn Bischof, ihr Gelegenheit zu geben, ihm ihre seelischen Erlebnisse persönlich mitzuteilen. Aber auf diesen Brief traf nie eine Antwort ein.
Das war in großen Zügen das Wesentliche, was mir mein Gewährsmann mitteilen konnte. Ich erfuhr noch, daß einige Geistliche an diesem Tage in R. seien und an dem Geschehen teilnehmen werden.
Nachdem mir zugesichert wurde, daß ich von keiner Seite bei der Ausübung meiner Tätigkeit als objektiver Berichterstatter behindert werde, sagte ich zu und fuhr mit meinem Kollegen am 30. Juni 1952 in die rd. 400 km entfernte Stadt R. (Rodalben), wo Anneliese W. im Hause ihrer Eltern wohnte.
Was wir dort erlebt haben, habe ich in diesem Bericht festgehalten, ist das, was wir persönlich wahrgenommen haben und gleich den andern 60 Zeugen mit unserem Eid bekräftigen können. Als Journalist, der schon über 30 Jahre diesen Beruf ausübt und als evangelischer Christ bin ich mit meinem jungen katholischen Kollegen sehr kritisch an diese Vorgänge herangegangen. Wir haben alle Möglichkeiten eines Betruges offen erwogen, haben die leisesten Verdachtsgründe erörtert und mußten am Schluß bekennen, daß ein Betrug nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen sei.
Unsere Kamera stand einen Meter vom wesentlichen Schauplatz entfernt und die beiden Geistlichen hatten neben und hinter dem Mädchen Aufstellung genommen und unter den 60 z. T. sehr kritischen Anwesenden war keiner, den das Geschehen dieser Nacht erschüttern hätte können.
Ein Kollege, dem ich meinen Bericht gab, schreibt mir u.a. dazu Folgendes: „Professor Einstein hat die Größe des Weltalls berechnet, Professor Heisenberg hat das Geheimnis der Atome entschleiert, Professor Wiener hat "Elektronengehirne" entwickelt, die logischer und schneller denken als Menschen. Wann das Wunder des Lebens endgültig in eine chemische Formel aufgelöst sein wird, wann Menschen ins Weltall emporsteigen und wann sie in dunkelste Tiefen des Meeres hinabtauchen werden, das ist alles nur noch eine Frage der Zeit. Unser Jahrhundert ist nüchtern und wissenschaftlich. Aus ihm scheint das unfaßbare Wunder verbannt zu sein. Können wir denn etwa nicht alles genauestens erklären? Haben wir nicht auf alles eine vernünftige Antwort? Fast scheint es so. Und dennoch ... unsere Zeit ist nur scheinbar so nüchtern, sie ist weiter voll der Geheimnisse, vor denen wir in tiefer Ehrfurcht verharren müssen, weil hier alle menschliche Logik versagt.
Bevor ich Anneliese W. und ihre Eltern kennen lernte, erkundigte ich mich bei der örtlichen Polizei. Dort wurde mir erklärt, daß die Familie an sich den allerbesten Ruf genieße, daß aber die ganze Stadt seit den angeblichen Visionen gegen Anneliese und ihre Angehörigen aufgebracht sei. Auf meine Frage, ob denn dadurch die Stadt und die nichtbeteiligten Bewohner irgend einen Schaden erlitten haben, entgegnete der Polizeichef: „Das nicht, aber die Ortsgeistlichen wollen dem angeblichen Unfug mit allen Mitteln ein Ende bereiten und haben die katholische Bevölkerung aufgefordert, das Treiben der Anneliese Wafzig unter allen Umständen zu unterbinden. Es ist nicht nur der Polizei, sondern im ganzen Ort bekannt, daß heute abend im Wald eine besondere Vision stattfinden soll und da es wahrscheinlich zu Tumulten kommen wird, werde er selbst anwesend sein und einschreiten."
Ich habe mich noch lange mit dem Chef der Polizei unterhalten und ich erfuhr von ihm, daß er zu den Vorgängen in Fehrbach eine positive Einstellung hatte. Die Vorgänge in Rodalben aber lehnte er ab. Ich konnte später feststellen, daß viele seiner Auskünfte unrichtig waren und bewußt entstellt, und als ich das später vorhielt, entschuldigte er die Irrtümer damit, daß er erst 5 Jahre in Rodalben sei und deshalb nicht alles wissen könne.
Nach der Polizei sprach ich im Pfarrhaus vor, aber dort wurde ich mit der Begründung abgewiesen, daß der Presse über diese Vorgänge in Rodalben prinzipiell keine Auskunft gegeben wird.
Am Nachmittag lernte ich dann Anneliese Wafzig, ihre Eltern und Geschwister kennen und ließ mich kurz daruber unterrichten, was wohl am Abend geschehen wird.
Kurz vor 20.00 Uhr traf ich mit meinem Kollegen an der bewußten Stelle im Wald ein. Der Hang selbst und alle Zugangswege waren bereits von Jugendlichen, die sich alle als Mitglieder der kath. Jugendverbände zu erkennen gaben. bevölkert. Das erste Angriffsobjekt war die Presse. Man drohte uns mit Tätlichkeiten und der Wegnahme der Apparate, wenn wir es wagen sollten, auch nur eine Aunahme zu machen. Die Beleidigungen dieser Rowdys waren unglaublich. Auch als der Polizeichef mit einiger Beamten erschien, änderte sich nichts am Verhalten dieser Lausbuben, im Gegenteil, sie wurden noch frecher als sie sahen, daß die Polizei gar nicht daran dachte, uns zu schützen. Erst als am Hang einige Anhänger der Anneliese W. eintrafen und zu beten begannen, wurde die Meute von uns abgelenkt. Nun stürzte man sich auf die Beter und in der zynischsten Weise wurden die Gebete und Kirchenlieder von den Jugendlichen verhöhnt. Nicht ein Erwachsener machte diesen Flegeln klar, daß das übelste Gotteslästerung sei, im Gegenteil, man klatschte hysterisch Beifall, wenn einer dieser Untermenschen eine besonders verächtliche Bemerkung über die Gottesmutter machte. Bei den Betern handelte es sich überwiegend um ältere Leute. Man belegte sie nicht nur mit den übelsten Schimpfworten, man bewarf sie auch mit Sand und Steinen, goß Wasser auf sie und als das alles nichts half, haben diese Bengel zum Gaudium der Erwachsenen ihre Notdurft vom Berg herab auf die Betenden verrichtet. Einen alten Mann, dem jeder ansah, daß er ein Invalider ist, hat man kopfüber den Berg hinuntergeworfen, getreten und geschlagen. Wahrlich, hier spielte der Teufel zum Tanz auf.
Das war aber noch nicht der Höhepunkt dieses einmaligen Infernos! Aus den hundert Gegnern sind inzwischen mehrere Tausend geworden. Anneliese W. und ihre Angehörigen hat man bereits am Stadtrand abgehalten, den Wald zu betreten. Mit den übelsten Schmährufen, die hier nicht wiederzugeben sind, hat man sie tätlich angegriffen. Auch den beiden Geistlichen, die zu der Erscheinungsstelle im Wald gehen wollten, hat man den Zutritt verweigert. Man griff sie tätlich an, stieß sie zurück, zerrte am Habit, bespuckte sie und verhöhnte sie in einer Weise, von der sich ein anständiger Mensch kaum eine Vorstellung machen kann.
Der ältere der Priester versuchte nun den Menschen klar zu machen, daß schließlich ein jeder das Recht habe, sich von der Realität der hier vorgehenden Dinge (Erscheinungen) zu überzeugen. Die Antwort darauf war nur ein noch viel stärkerer Tumult. Keiner der anwesenden Polizeibeamten sprang den Priestern bei. Als die Geistlichen sie ausdrücklich um Schutz baten, schüttelten sie nur den Kopf und meinten: Dieser fanatischen Menge gegenüber sind auch wir machtlos.
Da schritt der Polizeichef ein, aber nicht gegen die tobende Menge, sondern gegen die Geistlichen. „Wer sind Sie überhaupt? Ich muß Sie ersuchen mit auf die Station zu kommen, damit ich Ihre Personalien feststellen kann."
Die beiden Geistlichen zeigten an Ort und Stelle ihre vollständigen Papiere, der ältere dagegen sogar seinen KZ-Ausweis und die amtliche Bestätigung, daß er im Dritten Reich wegen seiner mannhaften Haltung für seinen Glauben zum Tode herurteilt war. Aber der Polizeichef bestand darauf, daß diese Feststellung auf der Station getroffen werden muß. So hatte er einen guten Grund, die beiden Geistlichen wegzubringen und unter dem höhnischen Bejohle der Untermenschen zog er mit den beiden Priestern ab.
Nach einem einstündigen Verhör im Polizeigebäude, wo die beiden Geistlichen auch Strafanzeige wegen Mißhandlung und öffentl. Beleidigung stellten, konnten diese nur mit polizeilicher Hilfe ins Haus der Familie W. gelangen, wobei sie vom Pöbel abermals aufs gemeinste geschmäht wurden.
Vor dem Haus hatte sich um Mitternacht die fanatisierte Menge eingefunden. Sie johlte, schrie, versuchte Zutritt zum Haus zu erreichen und als das unmöglich war, warf man mit Steinen sämtliche Fenster des Hauses ein.
Mein Kollege und ich haben zuerst im Dunkel der Straße die Vorgänge unerkannt beobachtet. Wir sahen nicht einen Polizeibeamten bei einer Amtshandlung. Sie standen gleich neutralen Beobachtern dabei, wie die Menge sämtliche Fenster einwarf. Nur einmal, als einem jungen Menschen, der aus dem belagerten Haus kam, ein Pflasterstein ins Kreuz geworfen wurde und dabei zusammenbrach, daß er ins Haus getragen werden mußte, da wehrte ein Polizeibeamter mit dem Ruf: „Halt meine Herren, das geht zu weit, das ist Körperverletzung!" Aber im höhnischen Gelächter der Belagerer ging diese einzige Amtshandlung unter.
Die Eltern der Anneliese W. sind schlichte und tiefgläubige Menschen. Ihre religiöse Haltung, und auch die ihrer 6 Kinder, zeugt von echter, natürlicher Frömmigkeit. Auch dem Kathol. Pfarramt galten sie als höchst zuverläßig; denn im dritten Reich rettete das Pfarramt wiederholt wichtige Akten vor der Beschlagnahme durch die NSDAP dadurch, daß man dafür ein Versteck im Hause der Familie W. fand. Noch vor den „Erscheinungen" bestätigte der Ortspfarrer schriftlich: „daß sie eine religiöse eifrige und sittlich einwandfreie Familie ist!"
Zu der gleichen Zeit bestätigte auch der Bürgermeister des Ortes der Familie W.: „daß sie einen guten Leumund habe. Nachteiliges hier nicht bekannt ist!"
Unter den rd. 60 Männern und Frauen, die sich in das Haus der Familie Wafzig in dieser Nacht geflüchtet hatten, um vor den Übergriffen der tobenden Menge sicher zu sein, waren alle Berufsschichten vertreten, Akademiker, Beamte, Angestellte und Arbeiter. Darunter auch einige Nichtkatholiken. Die beiden beobachtenden Priester standen neben und hinter Anneliese W., die Vertreter der Presse mit den Aufnahmegeräten ungefähr einen Meter davon entfernt.
30 Minuten nach Mitternacht, während die Anwesenden den „Wunden-Rosenkranz" beteten, sah Anneliese W. in einer Vision (gemäß ihrer Aussage) die Gottesmutter und den gekreuzigten Heiland.
Von dem verklärten Gesicht des Mädchens ging, sichtbar für jeden, ein sonderbares Leuchten aus, dessen Quelle nur in etwas Übernatürlichem liegen konnte. Die Beterin vor dem kleinen Altar schien physisch dem Raum entrückt.
Impulsiv hob Anneliese W. die Arme, als wollte sie einen besonders lieben Menschen recht herzlich begrüßen. Ergriffen verharrten die Beter und das Gebet wurde nur von dem Geräusch des Blitzgerätes und dem unaufhörlichen Klicken der Kamera unterbrochen, denn nüchtern, ohne auch nur dem geringsten fremden Einfluß zu unterliegen, hielt die Kamera jede Phase des Geschehens fest.
Genau so unbestechlich beobachtete der Priester neben Anneliese jede Bewegung des strahlenden Gesichtes.
Anläßlich einer Vision im Juni 1952 bekam Anneliese W. den Auftrag, ein Stück grobes Leinen am 1. Juli 1952 bereitzuhalten. Dieses Tuch soll sie an diesem Tag dem anwesenden Geistlichen geben, der es in seiner Brusttasche tragen muß, bis sie es von ihm während der Vision zurückverlangen wird.
Der Priester bekam das Tuch und da er sofort ahnte, daß es mit dem "für alle Menschen sichtbaren Zeichen" zusammenhängen muß, untersuchte er es gründlich, als er allein war. Er konnte aber nichts Ungewöhnliches daran feststellen.
Als Anneliese W. in jener Nacht von dem Priester das Tuch forderte, nahm dieser es aus seiner Brusttasche, entfaltete es und zeigte es, bevor er es dem Mädchen gab, allen Anwesenden. Auch ich nahm das Tuch, hielt es vor das Licht, rieb es zwischen den Händen und gab es zurück, als ich festgestellt hatte, daß es weder gezeichnet, noch irgendwie präpariert sei.
Der Priester gab es dann, sichtbar für alle Anwesenden der Anneliese Wafzig. Mit verklärtem Gesicht hob sie es zunächst nach links oben, dann neigte sie den Kopf sehr tief und verharrte einen Augenblick in dieser Stellung. Immer war das Tuch für uns alle sichtbar. Hierauf brachte Anneliese W. das Tuch in Brusthöhe, um es kurz darauf mit ausgestreckten Armen wieder in die Höhe zu halten. Hierauf beugte Anneliese W. die Arme, breitete das entfaltete Tuch auf ihren Händen aus und hielt es unter das kleine Brettchen des Altares, wobei sie mit dem Tuch einige seitliche Bewegungen ausführte (nach links und nach rechts) als wolle sie mit dem Tuch etwas auffangen. Die Augen des Mädchens waren dabei aber immer nach oben, niemals auf das Tuch gerichtet.
Darauf faltete Anneliese W. das Tuch wieder zusammen, hielt es zuerst links hoch, drückte es dann ehrfürchtig an ihr Gesicht und küßte es hingebungsvoll. Als sie es dann kurz darauf dem Priester reichte, sank sie langsam in sich zusammen.
Mit Nerven, die zum Zerreißen angespannt waren, verfolgten alle Anwesenden, was sich vor dem kleinen Altar abspielte. Jede Bewegung wurde genauestens beachtet, nicht eine Sekunde lang wurde das Tuch aus den Augen gelassen.
Draußen aber tobte die vielköpfige Menge, die das Haus belagerte. Sie rannten gegen die Haustür und als diese nicht nachgab, flogen abermals Steine ins Zimmer und zertrümmerten die letzten Reste der bereits eingeworfenen Fensterscheiben. Die Wut der Menge steigerte sich zur Raserei und wurde zum Inferno, als mehrere Schüsse durchs Zimmer peitschten. Entsetzt warfen sich einige Betende flach auf den Boden, um sich vor Verletzungen zu schützen. Aber wie ein Wunder blieben alle Anwesenden unversehrt.
Als der Geistliche das von Anneliese erhaltene Tuch mit zitternden Händen auf dem kleinen Altar vor den Augen aller Anwesenden ausbreitete, war darauf ein blutigrotes Herz, aus dem sich ein Blutstrom in einen Kelch ergießt, sichtbar. Ober dem Kelch schwebte eine Hostie mit einem Kreuzzeichen.
Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß, war: Das Tuch muß mit einem bereits vorher bemalten Tuch, auf für uns im Augenblick unerklärliche Weise vertauscht worden sein.

Rodalben 1952Aber ich mußte diesen Gedanken sofort wieder fallen lassen, als ich, und mit mir alle Umstehenden plötzlich sah, wie die anfänglich dünnen Konturen des Bildes, und vor allem die rechte Seite des Kelchfußes, die z. T. überhaupt noch nicht sichtbar war, sich vor unseren Augen verstärkten, wie das Blut erst jetzt, gleich Tinte auf einem Löschblatt, zum Bild ausfloß.
Im Innersten aufgewühlt, drängte ich mich näher heran und sah das Blut noch feucht auf dem Tuch fließen. Vor diesem einwandfrei festgestellten Geschehen mußten auch die letzten Zweifel kapitulieren, denn auf einem vertauschten Tuch hätte das Blut nicht mehr fließen können, wäre es längst eingetrocknet. Die Veränderungen der Bildkonturen waren noch über zwei Stunden lang einwandfrei zu beobachten.
Die beiden Geistlichen und auch der größte Teil der Anwesenden erklärten, daß sie in dem Augenblick, als Anneliese W. das Tuch nach rechts oben hielt, in dem zusammengefalteten und vom Licht gut durchleuchteten Tuch bereits einen blutigroten Flecken wahrnahmen, der sich sichtbar vergrößerte. Um alle Zweifel zu zerstreuen, hat der Geistliche gleich nach dem Geschehen den Altar gründlich untersucht und hat auch uns dazu alle Möglichkeiten gegeben.

Rodalben 1952Erschütternd war die Reaktion auf die Anwesenden. Ein Schauer durchlief die zu tiefst ergriffene und im Innersten aufgewühlte Menge, deren schmerzhafte Beklemmung sich durch ein befreiendes Stöhnen und Schluchzen Luft schaffte. — Und dann fielen sie in die Knie und weinten — weinten vor Freude über die Gnade, die ihnen in dieser Nacht zuteil wurde.

Walther Günther Schreckenbach, Journalist, Effeltricher Straße 77, Nürnberg


2. DAS ZEUGNIS EINES PRIESTERS

AUGENZEUGENBERICHT über die Vorgänge in Rodalben, Rheinpfalz bei Pirmasens, bezüglich der Erlebnisse um Fräulein Anneliese Wafzig, von Pater Gebhard Maria a. S. Laurentio OCD (Heyder Franz)

Zum ersten Male hörte ich von Rodalben und der Familie Wafzig am heurigen Ostertage 1952, als mir eine einfache ältere Person der hiesigen Umgebung einige Briefe von der Cousine und Tante der Anneliese überreichte. Ich wollte die Person schon abweisen und überhaupt nicht anhören, weil ich ziemlich überarbeitet und schon etwas nervös war — es war schon 12 Uhr Mittag, ich hatte noch nicht gegessen, dazu die anstrengenden Kartage. — Ich nahm dann doch die Briefe zu mir und las darin von einem 26jährigen Mädchen, das seit Oktober 1951 Muttergottes-Erscheinungen habe, sich anfangs heftig dagegen gesträubt habe, bis die Himmelskönigin ihr zu wissen gab, daß sie im Falle der Weigerung keine ruhige Stunde mehr im Leben haben werde. Das Mädchen habe im Sommer 1951 einen schweren Unfall gehabt, der sie Monate lang ans Krankenbett fesselte, ihr furchtbare Anfälle verursachte, bis sie am 24. November 1951 durch die Erscheinung der lieben Muttergottes wunderbar geheilt wurde, obwohl sich die Anzahl ihrer Anfälle an dieser Tage bis zu 18 steigerten und alle Fachärzte sie längst aufgegeben hatten. Ich las in den Briefen, die sich im Laufe der nächsten Wochen noch um einige vermehrten, daß A.W. (Anneliese Wafzig) ein sehr liebes, schönes und gutes Mädel sei. Jeder Mensch, der sie sieht, müsse sie gern haben. Sie sei immer sehr sauber und hübsch angezogen. Daraus sehe man, daß sie ein ganz natürliches, normales Mädchen sei. Dann sei sie seit Sommer 1951 mit einem jungen Mann in der Schweiz verlobt gewesen und wollte im Mai 1952 heiraten. Darum hat sie auch zur Muttergottes gesagt: „Komme doch zu meiner Schwester oder zu irgend jemand, nur nicht zu mir." Erst nach schwersten, seelischen Kämpfen habe sie an Weihnachten ihre Verlobung gelöst und sich ganz der Muttergottes angeboten. Ferner habe A.W. schon zwei Mal die Geißelung Christi mitgelitten, das eine Mal 43 Wunden von drei bis fünf cm Länge und einen Finger Breite an den Beinen, und das andere Mal 50 Wunden auf den Rücken erhalten. Auch habe sie die Stigmata Christi, wenn dieselben für gewöhnlich auch nur für sie sichtbar seien. Am Gründonnerstag und Karfreitag 1952 habe sie die ganze Passion Christi mitgelitten, bis sie in den späteren Nachmittagsstunden in eine todesähnliche Ohnmacht fiel, aus der sie ohne natürliche Hilfsmittel wieder erwachte, um schon am Karsamstag Abend noch die Freude des Auferstandenen zu erleben. — Dazu kommt noch, daß A.W. samt ihren Angehörigen und denen, die mit ihr abends gemeinsam in der Familie den Rosenkranz beten, seit 27. Dezember 1951 exkommuniziert sind und zwar ohne daß auch nur ein einziger Geistlicher oder bischöflicher Beauftragter bei ihr gewesen sei. Nicht einmal der Ortspfarrer fand es der Mühe wert, auch nur einmal zu ihr zu kommen, obwohl sie ihn wiederholt bat, vor allem als die Geißelwunden für alle sichtbar erschienen und bluteten. Die Berichte, die das Pfarramt von Rodalben nach Speyer sandte, entbehren daher jeder unmittelbaren Beobachtung und stützen sich z.T. auf die wildesten Straßengerüchte. Die Ortsgeistlichen sagten, A.W. sei verrückt, hysterisch, wie alle, die es mit ihr halten, und es sei lachhaft. Der Fall von A.W. habe plötzlich das bewirkt, was der Herr Pfarrer in den 25 Jahren seines Hierseins nicht fertig gebracht, daß nämlich seine sämtlichen Pfarrkinder nun geschlossen hinter ihm stehen im Kampf gegen dieses Mädchen und seine Angehörigen. Wie wenig jedoch in Wirklichkeit die Rodalbener hinter ihrem Pfarrherrn stehen, und zwar sogar die Auslese der Kolpingssöhne, mag folgendes Zitat aus dem Rundschreiben des Herrn Pfarrers J. Ackermann vom 26. Mai 1952 beweisen, in dem er nochmals versucht, seine „Getreuesten" aus ihrer „Lethargie" (Todesstarre) loszureißen. Wörtlich heißt es da: „Die Kolpingsfamilie Rodalben steht in einer Krise, die ihre Existenz bedroht. Wenn sie ihre Mitglieder zu einer Familienfeier persönlich und schriftlich bittet und die meisten folgen nicht einmal dieser Einladung, so ist etwas faul im Staate Dänemark. So war es nicht nur am 11. Mai, sondern auch bei der letzten Theaterveranstaltung. Wenn zu einer Pflichtversammlung 10 bis 15 Mann erscheinen, so ist da etwas nicht in Ordnung."
Wenn nun aber diese nämlichen Kolpingssöhne einer mündlichen Einladung ihres Präses gegen das „hysterische" Mädchen und seinen Anhang dermaßen einheitlich Folge leisten, daß sie dieses hilflose Menschenkind wie ein Freiwild verfolgen, es verhöhnen, ihm alles Schlechte nachsagen, es mit Steinen bewerfen, bespucken, und am 8. Januar 1952 abends überfallen und halbtot schlagen, — „so ist da auch etwas nicht in Ordnung".
Die Briefe der Verwandten meldeten auch von Erscheinungen der hl. Gemma Galgani und der hl. Maria Goretti. Ferner verhieß die Muttergottes, daß hier noch viele körperlich und seelisch Kranke geheilt würden. Sie ließ dann die Seherin auch den Platz schauen hinter dem Friedhof, wo sie ihr im Freien erscheinen werde, was am 12. und 31. Mai auch geschah.
Bei diesen brieflichen Mitteilungen (die, wie oben erwähnt, nicht an mich persönlich adressiert waren) erging es mir schier wie den Aposteln am Ostertage, als ihnen die frommen Frauen von ihren Erlebnissen am Grabe kündeten: Ihre Mitteilungen kamen ihnen wie Märchen vor, und sie glaubten ihnen nicht. (Lk 24,11) Und doch bewog mich der Ernst und das Leid, das unverkennbar aus den Briefworten sprach, der Sache etwas näher nachzugehen. Am 18. April schrieb ich zum ersten Mal nach Rodalben an Frl. Anneliese Wafzig. Sie antwortete mir erst am 7. Mai. Sie hatte Tage lang überlegt, ob und wie sie mir schreiben sollte, um ja nicht den leisesten Verdacht von Eingebildetheit erwecken zu müssen. Sie drückte aber dann ihre übergroße Freude aus, daß endlich ein erstes Wort von Priesterhand geschrieben an sie gelangte. Sie bestätigte mir die Mitteilungen ihrer Cousine und hob vor allem als Schmerzlichstes hervor: Die Kirche, deren treueste Anhänger und Verteidiger wir sind, hat bedauerlicherweise ganz unkorrekt an uns gehandelt; nämlich, sie hat uns ohne Untersuchung, ohne daß auch nur ein Priester bei uns war, trotzdem wir des öftern darum ins Pfarrhaus schickten, wenn etwas Außerordentliches eintrat, exkommuniziert, der härteste Schlag, den man uns versetzen konnte. Was wird sie jetzt mit uns machen, wenn wir am 12. Mai den Willen der Himmelskönigin erfüllen und hinaus gehen in den Wald?" Sie fügt dann eine Bitte an, ich möchte mich doch ihrer etwas annehmen, da ihr seelisches Leid das körperliche noch um ein gut Stück überwiege.
Dieser und noch ein zweiter Brief ließ in mir den Entschluß reif werden, die ganzen ans Unglaubliche grenzenden Verhältnisse in Rodalben in direkten Augenschein zu nehmen. Ich erbat mir von meinem Adm. Rev. P. N. Provinzial die allgemeine Erlaubnis, ins Rheinland fahren zu dürfen — ohne freilich den näheren Grund bekannt zu geben — und fuhr in der Pfingstwoche nach Rodalben. Ich fand sämtliche Briefmitteilungen bestätigt. Der Vater, ein mittelgroßer Mann in den Fünfzigern ist Meister in der Zwickerei in einer dortigen Schuhfabrik. Er ist rührig von früh bis abends, um seinen sechs Kindern den Lebensunterhalt zu erwerben. Sein stilles, in sich gekehrtes Wesen, das bei allen merklichen Kümmernissen noch gerne ein freundliches Lächeln zeigt, berührt den Besucher angenehm beruhigend. Aber auch er mußte die Gehässigkeit seiner Landsleute, denen er zeit seines Lebens nie Anlaß zu einem Streit gegeben, fühlen. Einzig wegen der außerordentlichen Phänomene seiner Tochter wurde er auf Betreiben von Leuten, die sich durch ihre Zugehörigkeit zu kirchlichen Verbänden in besonderem Grade der Frömmigkeit verschrieben, im Juni als einziger von der Schuhfabrik ausgestellt. Ehrlos und brotlos sollten die verächtlichen Wafzigs werden. Als der Vater mit seinem Entlassungsschein heimkam, begab er sich, seinen inneren Schmerz verbergend, in sein Schlafzimmer, kniete sich am Bettrand nieder und betete den Rosenkranz. — Die Mutter, eine gut große Gestalt, trägt die tiefen abgehärmten Züge eines tiefen, langen, sorgenvollen Leides und unausgesprochenen Wehes in ihrem merklich eingefallenen Gesicht. Sie ist die erste beim Morgenbrot und die letzte in später Nachtstunde, unermüdlich rührig besorgt für ihre Familie. Sie genießt die unumstößliche Autorität auch den erwachsenen Kindern gegenüber. Ihr herbstes Leid ist, daß sie mit ihrer ganzen Familie, der noch vergangenen Sommer der Herr Pfarrer das schriftliche Zeugnis als einer der besten des ganzen Ortes ausgestellt hat, nun ohne irgend eine faßbare Begründung exkommuniziert ist und durch das gehässige Benehmen der Mitmenschen selbst vom Besuch des Gottesdienstes abgehalten ist. Ich beobachtete sie still, als früh morgens die Glocke zur hl. Messe ertönte und sie mit tränenfeuchten Augen durchs Fenster zum Kirchturm hinüber schaute. Dort war täglich ihr Platz im Betstuhl und an der Kommunionbank, desgleichen der ihrer Kinder. Die drei Töchter im Alter von 29, 28 und 16 Jahren sind ordentliche, fromme, fleißige und frohe Mädchen, die alle in der kleinen Stickerei tätig sind, welche Mutter Wafzig betreibt. Freilich ist durch die bösartigen Gegner selbst dieser bescheidene Erwerb durch einen förmlichen Boykott im Orte so viel wie unmöglich gemacht. Die 16jährige Tochter Maria mußte auf ihr Studium am Gymnasium in Pirmasens, wo sie bereits die 7. Klasse besuchte, aufgeben, wenn auch ein protestantischer Professor sie besuchte und wiederholt zur Fortsetzung des Studiums ermunterte, da sie seine beste Schülerin gewesen. Der 22jährige Sohn Josef kann ebenfalls sein Studium an der Hochschule nicht betreiben, da ja die Familie einem förmlichen wirtschaftlichen Ruin ausgeliefert ist. Die drittälteste Tochter, geboren am St. Stefanstag 1925, erhielt in der Taufe den Doppelnamen Anna Elisabeth. Sie besuchte 8 Jahre die Volks-Schule ihrer Heimat, leistete dann unter der Nazizeit ihr Pflichtjahr in Neumarkt bei Breslau. Hernach besuchte sie in Pirmasens einen halbjährigen Handelskurs, wurde anschließend Büroangestellte beim Sägewerk Gg. Knecht und kam von dort bald in die Kreissparkasse Primasens, Zweigstelle Rodalben, wo sie 1942-1951 in leitender Stellung tätig war. Ein erstklassiges Zeugnis ihres Direktors bestätigt dies.
Anneliese ist eine gefällige Erscheinung, 1,70 m groß, dunkle, kurze Haare, die ihr bei einer Kinderkrankheit ausgefallen waren, die ihr aber nach einem kindlichen Gebet in der Wallfahrtskirche zu Walldürn wieder nachwuchsen, allerdings nur eine kleine Spanne lang. Ihr wohlgepflegtes Äußeres sowie ihre stets peinlich reine, schmucke Kleidung darf ais Spiegel ihres Innern gedeutet werden. Außer den Kinderkrankheiten der Masern und Diphterie erlitt sie einmal eine Gehirnerschütterung 1945 durch ein herabstürzendes Gepäck auf der Fahrt nach Freiburg i.Br. Einen lebensgefährlichen Unfall mit langwieriger Dauer erlitt Anneliese im Juli 1951 auf ihrer Urlaubsreise in die Schweiz. Als sie in Waldshut am Oberrhein die Grenze passieren wollte, wurde sie beim Überqueren der Straße, bevor sie den Bürgersteig erreichte, von einem Motorradfahrer mit aller Wucht angefahren, in die Höhe geschleudert. Es waren ihr ganze Stücke Fleisch herausgerissen und sie trug eine sehr schwere Gehirnerschütterung, besonders des Kleingehirns davon, so daß sie bis Mitte September überhaupt nicht transportfähig war und im Krankenhaus zu Waldshut lag. Es stellten sich infolge der Gehirnerschütterung schlimme Anfälle ein, die nach der Überbringung in die Heimat noch an Heftigkeit und Zahl steigerten. Da offenbarte die liebe Muttergottes ihr, daß sie am 24. November von ihr geheilt werde, daß sie aber bis dahin noch schwere und viele Anfälle bei vollem Bewußtsein erleiden müsse, am letzten Tage sogar 20 an der Zahl. Die Heilung erfolgte dann auch plötzlich und vollständig, und kein Anfall wiederholte sich seitdem mehr. Sämtliche Ärzte, darunter Fachärzte, hatten die Krankheit als aussichtslos erklärt und ihren baldigsten Tod angesagt.
Ein eigenes Protokoll über diese Heilung, von Anneliese Wafzig selbst verfaßt, folgt später noch eigens. Unterbrochen wurden die Tage seit ihrer Heilung durch vom Himmel ihr auferlegte Leiden, die mehr Sühneleiden zu sein scheinen, durch geheimnisvolles Erleiden der Geißelung und Stigmatisierung, durch das Passionsleiden in der Fastenzeit und in besonderer Heftigkeit am Gründonnerstag und Karfreitag, sowie durch einen Überfall durch vier unbekannte Täter am Abend des 8. Januar 1952, wobei sie einen heftigen Schlag mit einem harten Gegenstand auf den Kopf erhielt, der ihr erneut eine Gehirnerschütterung mit starken immer noch nachwirkenden Schmerzen verursachte. Die Anfälle jedoch traten in keiner Weise mehr auf.
Ihr Visionsleben setzte sich vom November bis Ende Juli 1952 fort durch öftere Erscheinung der Muttergottes, auch des leidenden und an Ostern des auferstandenen Heilandes, des hl. Josef am 19. März, der fast eine Stunde bei ihr blieb, mit dem sie in fremder Sprache (aramäisch?) redete, der hl. Gemma Galgani und seit ihrer Exkommunikation nach Weihnachten 1951 wiederholt in der Woche ein Engel mit Kelch und Hostie, der ihr und denen, die mit ihr beteten, in geheimnisvoller Weise „das Brot des Lebens" reichte, wie der Gottesbote selbst diese Art geistige Kommunion nannte. Als letztes abschließendes Ereignis ihres visionären Erlebnisses wurde ihr die Erscheinung der lieben Muttergottes und des Heilandes für den 1. Juli angekündet und hierbei ein für alle sichtbares Zeichen des Himmels versprochen. Auf ihre kindliche Bitte hin verhieß ihr die Muttergottes zum Abschied am 2. Juli nochmals zu kommen; denn dieses Erleben, von dem sie ahnte, daß es das schmerzvollste ihres Lebens sein werde, wollte sie nicht im Walde vor aller Augen haben. Und die himmlische Mutter ging auf die Bitte ihres Kindes ein.
Charakter und religiöse Grundeinstellung der Anneliese Wafzig wollen hier nur in kurzen Strichen gezeichnet werden. Im Denken und Urteilen legt sie eine klare Logik und mathematische Nüchternheit an den Tag, gerade in religiösen Dingen, die zuweilen die Grenzen des Rationalismus erreicht. So legte sie nicht nur sämtliche neuesten Muttergottes-Erscheinungen ab, sondern stand selbst Lourdes und Fatima kritisch gegenüber. Als z.B. voriges Jahr ihre etwas schwächliche Schwester Agnes die Pilgerfahrt nach Lourdes mitmachen durfte, äußerte sich Anneliese: „Wäre gescheiter, wenn sie ins Allgäu fahren und sich dort erholen würde", welcher Ausspruch ihr allerdings einen scharfen Tadel der Mutter, verbunden mit dem Verbot einer Romfahrt, die sie hätte machen dürfen, eintrug. Sie ist abhold jeglicher Schwärmerei und Gefühlsbetonung. Zu den „Vielbetern" gehört sie heute noch nicht. Wenn sie jedoch betet, dann ist sie ganz bei der Sache. Ihr Beten ist ein kindlich vertrauliches Reden mit dem lieben Vater im Himmel, durch und in Jesus Christus in der lichten Erkenntnis und frohen Liebe des Hl. Geistes. Sie hat ein feines Empfinden und tiefes Erkennen der wirklich wesentlichen Stücke der katholischen Frömmigkeit. Unauffällig gestand sie mir in einer Unterhaltung: „Als das wertvollste Gebet habe ich schon immer das hl. Meßopfer betrachtet. Wenn ich das nicht gehabt habe, dann meinte ich, es sei für diesen Tag all mein übriges Tun nichts wert. Das kann ich sagen: ich bin nie in meinem Leben in der hl. Messe gewesen, ohne daß ich nicht auch zur hl. Kommunion gegangen wäre. Es wäre mir das vorgekommen wie das Wort des Heilandes: „Die Geladenen waren dessen nicht wert". In ihrer Heiligenverehrung nimmt nach der Muttergottes den ersten Platz der hl. Josef ein, dem sie schon seit früher Kindheit in vertraulicher Freundschaft zugetan ist. In ihr inneres Seelen- und Gebetsleben will sie sich nur schwer hineinschauen lassen. Als sie mir so nebenbei von einer Laienkatechetin erzählte, die behauptete, das betrachtende Gebet sei nur für studierte Leute etwas, lächelte Anneliese über diesen Ausspruch und freute sich dann aber von Herzen, als ich ihr eine Broschüre über das betrachtende Gebet gab. Sie kann gewöhnlich nur wenige Stunden der Nacht schlafen. Gefragt, wie sie denn die langen nächtlichen Stunden verbringe, antwortete sie, wie einst die kleine Theresia bei ähnlicher Gelegenheit: „Ich denke".
A.W. besitzt eine ausgeprägte intellektuelle Veranlagung und eine scharfe Willenskraft, welche beide sich nur durch strikteste Beweisführung und klarste Zielsetzung überzeugen und biegen lassen. Wie wahrheitssuchend, so ist sie auch wahrheitsliebend und wünscht, daß auch andere frei und offen mit ihr reden. Sie ist von natürlicher Heiterkeit und lebensfrischem Frohsinn, aufgeschlossen für alles Gute, Schöne und Edle. Sie hat einen weltoffenen Blick, ein ungezwungenes Benehmen, ein freundliches Wesen, ist für die kleinste Freude wie noch mehr für das leiseste Weh überhaus feinfühlig, gegen andere noch mehr wie für sich. Sie besitzt eine gute Menschenkenntnis. „Ich schau nur auf die Augen und auf die Hände, dann weiß ich, wen ich vor mir habe", sagte sie einmal zu mir nebenbei. Mit Freude und Interesse las und betrachtete sie in der Natur und Schöpfung als dem großen Bilderbuch Gottes. Als ich nachts mich in der Küche mit ihr unterhielt, rief sie plötzlich in heller Freude: „Da guck, ein Mäusle. Wie nett! Ich kann ihm nichts antun. Einen Menschen könnte ich operieren; aber einem Tierlein könnte ich nichts zu leide tun." Ihre Mutter, die sparsam ist mit dem Lob für ihre Tochter, faßte einmal mir gegenüber ihr Urteil kurz dahin zusammen: Zwei Eigenschaften hat Anneliese von Jugend an: Eine unüberwindliche Geduld im Leiden, wo sie nie etwas sagte, bis sie nicht mehr konnte (und zu leiden hat sie schon immer seit ihrem 10. Lebensjahr) und eine übergroße, mitleidige Nächstenliebe, die überall helfen will." Die Charakterisierung ist wahr und enthält viel. Ich konnte aber beobachten, daß das Mädchen gerade hinsichtlich dieser Eigenschaften vielfach nicht verstanden wird und seelisch viel zu leiden hat.
A.W. ist eine nach Erkenntnis ringende Menschenseele, durchaus noch nicht fertig und vollkommen. Tritt Gottes Vorsehung ihren eigenen Plänen entgegen, so ist sie nur durch schlagenste Beweisführung davon zu überzeugen. Hat sie aber einmal etwas als Gottes hl. Willen erkannt, so ist sie unter größter Selbstverleugnung bereit, sich dem Liebeswillen ihres Vaters im Himmel zur Verfügung zu stellen.
Was ihre Stellung zur hl. Kirche anbelangt, so ist sie derselben, trotz der bitteren Erfahrungen, treu ergeben, hat eine tiefe freudige Ehrfurcht vor dem Priestertum und trägt eine kindliche Verehrung gegen den HI. Vater, für den sie täglich besonders betet. Als den größten seelischen Schmerz empfindet sie daher die Exkommunikation, welche auf eine so eigenartige Begründung hin über sie und die Ihrigen verhängt worden ist. Sie hat gegen Mitte Juni sich brieflich an den hochwürdigsten Herrn Bischof von Speyer gewendet und gebeten, daß sie persönlich ihm alles mitteilen dürfe. Sie drückte ihre Hoffnung aus, daß bei Erkenntnis der wahren Sachlage der hochwürdigste Oberhirte sicher die kirchliche Strafe von ihr und den Ihrigen nehmen werde. Eine Antwort erhielt sie bis heute (16. Juli 1952) nicht. Vielleicht ist der Brief, der zwar an den H.H. Bischof persönlich adressiert war, nicht in dessen Hände selbst gelangt.


DIE VORGÄNGE IN DER NACHT VOM 1. AUF DEN 2. JULI 1952 IN RODALBEN, RHEINPFALZ

Frl. Anneliese Wafzig bekam am 13. Juni 1952 in der Vision von der lieben Muttergottes gesagt, daß am 1. Juli 1952 die dritte und letzte Erscheinung im Walde sein werde. Dabei werde der Himmel für alle Leute ein sichtbares Zeichen geben. Einige Tage später wurde Anneliese durch einen Engel mitgeteilt, daß sie sich für diese Vision ein Tuch richten soll und gab ihr als Maß 40/40 cm an. Da mich A.W. bereits brieflich und seit dem 3. Juni auch persönlich kennen gelernt hatte, fragte sie die liebe Gottesmutter: „Soll dieser Priester dabei sein, wenn das Zeichen für alle kommen wird?" Die Himmelskönigin antwortete ihr: „Es wäre mir lieb, wenn er dabei sein würde." Diesen Wunsch äußerte die Muttergottes schon am 31. Mai und wiederholte ihn am 3. Juni. Daraufhin entschied ich mich, für den 1. Juli nach Rodalben zu kommen, und das um so mehr, als ich mit Bekannten im Auto umsonst hinfahren konnte.
A.W. vertraute mir am 1. Juli gegen Mittag an, daß sie mir noch etwas Merkwürdiges geben müsse, ein Tuch; die Muttergottes habe dies so angeordnet. A.W. überreichte mir dann am Nachmittag um 5 Uhr ein grobleinenes Tuch von 40/40 cm Größe, ungefähr in der Form eines Corporale. Sie forderte mich auf, mir dasselbe genau anzuschauen, daß nichts darauf sei. Ich sollte es für die Erscheinungsstunde mitnehmen und es ihr erst geben, wenn sie in der Vision darnach verlange. Ich sollte es aber unmittelbar bevor ich es ihr gebe, allen Anwesenden zeigen und herumreichen, daß alle sich überzeugen könnten, daß es ein einfaches Grobleinen sei, ohne irgend eine Zubereitung oder Zeichen. Den Tag des 1. Juli brachte A.W. in Vorbereitung auf die große Stunde zu. Sie bemühte sich, so weit es die kommenden Bekannten erlaubten, für sich zu sein, um zu beten. Sie erlitt auch noch heftige Anfechtungen des bösen Feindes, der sie zur Verzagtheit und zum Widerwillen versuchte. Dieser Kampf mit dem Bösen steigerte sich je näher die Stunde heranrückte. Ich suchte sie mit dem Hinweis auf den seelischen Kampf des göttlichen Heilandes zu trösten, der zu Beginn seiner großen Stunde noch mehr sein Ölbergleiden durchkosten wollte.
Gegen 8 Uhr abends gingen die Anneliese befreundeten Beter unauffällig in kleinen Gruppen zum Friedhof am Rande des Dorfes und von dort zur Stelle im Walde, die die Muttergottes bezeichnet hatte, etwa 250 m vom Friedhof entfernt. Um halbneun Uhr machte sich auch Anneliese in Begleitung ihrer Mutter, ihres Bruders, dreier Schwestern und einiger Bekannter auf den Weg zur Erscheinungsstätte. P. Augustin (Wolfgang Kimmel) und ich begleiteten sie. Die Wegstrecke beträgt eine Viertelstunde. Kaum hatten wir die Haustüre hinter uns, begann schon das Spotten und Schmähen gegen Anneliese und uns. Wir setzten unbeirrt unsern Weg fort, bis wir am Friedhofausgang ankamen. Dort stellte sich uns unerwartet eine geschlossene Kette von Männern entgegen, die uns gewaltsam am Verlassen des Friedhofs und am Weitergehen hinderten. Die Schmähungen und Lästerungen, die sie dabei ausstießen, sind nicht wiederzugeben.
Einige Männer ließen sich sogar zu tätlichen Angriffen hinreißen. Ich fragte die Leute, wer ihnen das Recht gebe, friedlichen Menschen den Weg zu versperren, und bat sie um ihre polizeiliche Bevollmächtigung. Ein gröhlender Tumult unter Ausrufen: „Wir sind vom Kolpingsverein" und eine verschärfte Stellungnahme gegen mich waren die Antwort. „Du Gotteslästerer, du falscher Hund" u.a. Titulationen wurden mir zugeworfen. Als ich wiederum die Menge bat, uns den Weg frei zu machen, griff man mich tätlich an und stieß mich zurück. Nach einer dritten vergeblichen Aufforderung betonte ich, daß ich die Polizei sprechen wollte, die sich bei der Erscheinungsstätte befand. Nach wiederholten vergeblichen Versuchen, die Phalanx der Kolpingssöhne zu durchbrechen, gelang es mir endlich, durchzukommen. Unter einem dauernden Spießrutenlaufen von Hohn und Spott, von Faust- und Stockdrohungen, kam ich zum Polizeichef. Dieser suchte mit völlig ungenügenden Kräften eines einzigen Schutzmannes sowie eines Forstbeamten, die nach Hunderten zählende Menge, besonders Jugendliche, zu bändigen, die in nicht wiederzugebender Weise die 40 bis 50 friedlichen Beter bearbeiteten, die sich am Erscheinungsfelsen eingefunden hatten. Ich zeigte dem Beamten meine Kennkarte und meinen KZ-Ausweis und bat ihn, uns den Weg am Friedhof doch frei zu machen, da wir hieher gehen wollten, um privat einige Gebete zu verrichten. Daraufhin erklärte mir der Polizeichef, der diesmal ausnahmsweise in zivil gekommen war, daß das Forstamt jegliche Versammlung und Veranstaltung hier im Walde verboten habe. Ich versicherte ihm, daß wir weder eine Versammlung, noch eine Rede, noch eine Veranstaltung halten, sondern nur beten wollten. Nach meiner wiederholten Bitte, uns den Weg frei zu machen, da es doch ein öffentlicher Weg für jeden Staatsbürger sei, ging der Beamte mit mir zum Friedhof zurück. Dort hatte sich die Menge noch fester zusammengedrängt und geriet in hellen Fanatismus, als sie mich mit dem Beamten kommen sah. Dieser forderte nun in freilich nicht gerade tatkräftiger Weise die Leute auf, den Weg frei zu machen. Ein infernales Gebrüll war die Antwort. Die Gesichter dieser Menschen waren wirklich zu dämonischen Fratzen verzerrt. Ohne weitere ernstliche Bemühung erklärte mir der Beamte: „Sie sehen, es ist unmöglich, der Aufruhr wird nur größer. Es bleibt nichts übrig, als daß sie nach Hause gehen." Ich mußte der Gewalt weichen und trat mit meiner Begleitung, wenn auch innerlich schweren Herzens, den Heimweg an. Ich bat den Beamten, er möge uns polizeilichen Schutz gewähren. Ein gellendes Triumphgeheul und eine Flut von Lästerungen der Gegner begleiteten uns.
Wir gaben jedoch unser Vorhaben, zum Erscheinungsfelsen zu kommen, noch nicht auf. Nach einem einstündigen Verhör im Polizeigebäude und einer Strafanzeige, die ich wegen Mißhandlung und öffentlicher Beleidigung erstattete, fuhr ich mit meinem Mitbruder P. Augustinus in einem bekannten Auto nach Pirmasens, um die Hilfe der MP. anzugehen. Trotz längerer Bemühungen war diese nicht zum Eingreifen zu bewegen, da der Captain versicherte, daß er nur dann zum Einschreiten berechtigt sei, wenn amerikanische Bürger oder Soldaten mitverwickelt seien. Erst gegen halb zwölf Uhr kamen wir zum Elternhaus der A.W. zurück, wo wir auch nur mit polizeilicher Hilfe den Eingang ins Haus erreichen konnten. Als ich dort erfuhr, daß eine Anzahl Frauen und Mädchen von den unsrigen von der Erscheinungsstätte noch nicht zurückgekehrt sei, mußte ich nochmals unter polizeilichem Schutz um Mitternacht in den Wald hinaus. Dort fand ich in großen Schwierigkeiten und beständiger Bedrängung durch die Gegner, Männer wie Weiber, die geängstigte kleine Schar am Erscheinungsfelsen, forderte sie auf, heimzukehren, und erreichte selbst unter gemeinsten Schmähungen des Pöbels das Haus der A.W. nach 12 Uhr Mitternacht.

Rodalben 1952Gegen 00.30 Uhr begann A.W. mit den nun ca. 60-70 Betern, die sich im Hause eingefunden hatten, den Wundenrosenkranz zu beten. Ich kniete während desselben unmittelbar rechts neben ihr. Gegen Ende des sechsten Gesätzchens kam A.W. in Ekstase. Sie sah, wie sie mir hernach berichtete, links vor sich die Muttergottes und gerade vor sich über dem kleinen Hausaltärchen den gekreuzigten Heiland. Rodalben 1952Während dieser Vision nun verlangte A.W. von mir das oben besagte Leinentuch. Ich zog dasselbe aus meiner Brusttasche, entfaltete es und zeigte es allen Anwesenden, Männern und Frauen, Katholiken und einigen Andersgläubigen. Ich ließ das Tuch herumreichen, betasten, gegen das Licht halten, so daß sich jedermann überzeugen konnte, daß es ein einfaches, grobes Leinentuch sei, ohne jegliche Spur einer Zubereitung oder Zeichnung. Die unten folgenden eigenhändig unterschriebenen Personen bezeugen dies mit eidlicher Versicherung. Dann reichte ich vor aller Augen das entfaltete Tuch der A.W. hin, die immer noch in Ekstase war. Rodalben 1952Diese hielt es lose zusammengefaltet zunächst links von sich hinauf. Nach ihrer spätern Aussage verlangte die Muttergottes, daß A. ihr das Tuch zum Kusse reichen sollte. Dann bückte sich A.W. tief und küsste, wie sie später angab, die blutüberströmten Füße des gekreuzigten Heilandes. Auch mich zog sie am Arme, daß ich dasselbe tun sollte. Dann legte sie das Tuch dorthin, wo sie die blutenden Füße des Herrn geküßt. Hierauf stand sie auf und hielt das zusammengefaltete Tuch vor den Augen aller im Zimmer anwesenden Personen hoch vor sich hin, nach ihrer späteren Angabe gegen das Herz des gekreuzigten Heilandes. Da nun erschien im gefalteten Tuch plötzlich ein roter Fleck, der sich vergrößerte. Da kniete A.W. wieder neben mir nieder, faltete das Tuch auf und hielt es mit beiden Händen unter das kleine abgerundete Tischbrettchen des Hausaltärchens, auf dem in geöffneter Pyxis die von mir mitgebrachte Hostie für die Krankenkommunion lag. A.W. hielt aber während dessen die Augen immer noch unverwandt nach oben, zur Herzwunde hingerichtet. Hernach von mir gefragt, wußte sie nichts davon, daß sie das Tuch unter die hl. Hostie gehalten hatte. Sie sah nur, wie das Blut aus der hl. Seitenwunde quoll, und sie es mit dem Tuch auffing. Dann faltete sie das Tuch wieder zusammen und hielt es weiter unter die hl. Hostie, wobei sie freudestrahlend mit beiden Händen das Tuch hin und her bewegte, wie wenn sie sorglich etwas auffangen wollte. Rodalben 1952Ich kniete dabei unmittelbar neben A.W. und sah im zusammengefalteten Tuch etwas Rotes laufen und eine Form bilden. Dann nahm sie das Tuch und reichte es der immer noch links von ihr schwebenden Muttergottes zum Kusse hin. Hierauf senkte sie es wieder zu sich herab, küßte es in hl. Ehrfurcht und barg, ganz in sich verloren, ihr Antlitz im noch gefalteten Tuch. Nachdem sie es noch kurz an sich gedrückt, reichte sie es mir dar. Nun faltete ich kniend das Tuch vor A.W. und mir aus. Da sah ich mit frischem nassem Blut die Gestalt eines Herzens ins Tuch hineingegossen. Aus der rechten Herzseite (vom Objekt aus gesehen) ergießt sich ein Blutstrom in einen Kelch, den das Blut weiterfließend gebildet hatte. Über der rechten Hälfte des Kelches schwebt eine blutgebildete Hostie mit dickem, ebenfalls aus Blut gebildetem Kreuz durchzogen. Die Hostiengestalt ist nicht mit den übrigen Formen verbunden. Ich verehrte das wunderbare Bildzeichen und reichte es auch A.W. zum Kusse. Dann stand ich auf und zeigte das mit den Blutgestalten gezeichnete Leinentuch den anwesenden Gläubigen. Rodalben 1952Ein heiliger Schauer ging durch die Menge, begleitet mit einem lauten Aufschrei seelischer Erschütterung über das in so unmittelbarer Nähe erlebte und geschaute Zeichen des Himmels. Hierauf breitete ich das Bluttuch über dem Hausaltärchen aus, ließ die einzelnen Gläubigen vortreten, es ehrfurchtsvoll verehren und am Rande küssen. Nach Wunsch der lieben Muttergottes verharrten die Gläubigen den Rest der Nacht vor dem vom Himmel gegebenen Zeichen.
Was aber ging während der Stunde des Wunderzeichens draußen vor sich? Die fanatisierte feindliche Menge hatte sich nach meiner zweiten Rückkehr vom Walde nach Mitternacht durchaus nicht, wie ich vermutete, nach Hause begeben. Sie hatte sich vielmehr vor dem Hause der Familie Wafzig zusammengerottet und erhob immer wieder ein höhnendes und schmähendes Wutgeheul. Die zwei Polizeibeamten bemühten sich läßig, die Menge zu beruhigen, schritt aber keineswegs in ernstlicher Weise ein. Dann flogen Steine gegen das Haus. Gegen halbein Uhr ging ein Bombardement sämtlicher Fenster los, es schaute in der Frühe aus wie nach einer Bombennacht. Ängstliche Rufe gingen durch die Reihen der Betenden. Den Höhepunkt erreichte die feindliche Bedrängnis in den Minuten der wunderbaren Ereignisse, als sogar einige Schüsse gegen die Fenster fielen, so daß sich ein Teil der Beter vor Angst auf den Boden warf, was auch photographisch festgehalten ist. Kurz nach dem Blutwunder war ein zudringlicher Gegner über die Hofmauer gestiegen und griff durch das halboffene Fenster nach der Tante der A.W. Wir wollten das Überfallkommando anrufen. Aber es war unmöglich, das auf allen Seiten belagerte Haus zu verlassen. Erst nachdem ein befreundeter Nachbar aus eigenem Antrieb zur Polizei ging und um Verstärkung bat, legte sich allmählich der furchtbare Umtrieb und die Menge zerstreute sich langsam.Ich ließ das Bluttuch 20 Minuten vor 1 Uhr photographieren. Bei genauer Beobachtung stellte ich fest, daß das auf das Leinen geflossene Blut noch flüssig war, an den Rändern noch weiter sickerte und sich dornenähnliche und zackige Erweiterungen bildeten. Daher ließ ich es 10 Minuten nach 2 Uhr nochmals photographieren. Ein gleiches tat ich um 4 Uhr in der Frühe. Die endgültigen Randformen nahmen die Blutzeichen erst in den Vormittagsstunden des 2. Juli an, wo das anfänglich frische Blut schon eingetrocknet war. Gleich anfangs in der Nacht, nachdem das Blutzeichen sich gebildet hatte, roch ich auch daran und glaubte einen süßlichen Geruch nach frischem Blut zu vernehmen.
Die Wahrheit dieses Augenzeugenberichtes beeidet vor Gott dem Allwissenden:
Neumarkt, Opf., den 18. Juli 1952, Karmelitenkloster Mariahilfberg

Pater Gebhard Maria a.S. Laurentio OCD (Heyder Franz)
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Diese zwei Augenzeugenberichte sind erstmals erschienen in der Monatszeitschrift "DAS ZEICHEN MARIENS", 6. Jahrgang, Nr. 2, Juni 1972, Seiten 1626-1633.

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